Die AfD hat erstmals in Deutschland eine Landratswahl gewonnen. Ihr Kandidat Robert Sesselmann setzte sich im Thüringer Kreis Sonneberg am Sonntag in der Stichwahl gegen den amtierenden Landrat Jürgen Köpper von der CDU durch.

Zehn Jahre nach ihrer Gründung hat die rechtspopulistische AfD erstmals in Deutschland ein kommunales Spitzenamt erobert. Im Kreis Sonneberg in Thüringen gewann ihr Bewerber Robert Sesselmann am Sonntag die Landratswahl. In einer Stichwahl erhielt er nach dem vorläufigen Ergebnis 52,8 Prozent der Stimmen. Das teilte das Wahlamt mit. Der amtierende Landrat von der CDU, Jürgen Köpper, kam nur auf 47,2 Prozent, obwohl er von einer Parteienallianz unterstützt wurde. Sesselmann war wegen seines hohen Ergebnisses im ersten Durchgang als Favorit in das Rennen gegangen.

Thüringens Innenminister und SPD-Vorsitzender Georg Maier bezeichnete das Wahlergebnis als „Alarmsignal für alle demokratischen Kräfte“. Nun heiße es, „parteipolitische Interessen hintan zu stellen und gemeinsam die Demokratie zu verteidigen“. Politik und Demokratie seien der Wettstreit um die besten Ideen und nicht um die größte Empörung, erklärte der SPD-Politiker.

Die Kommunalwahl in dem Kreis an der Grenze zu Bayern hatte bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Die AfD hat in Umfragen derzeit Aufwind, vor allem in den ostdeutschen Bundesländern. In Thüringen wird die Partei mit Landeschef Björn Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

Wahlbeteiligung bei knapp 60 Prozent

Linke, SPD, Grüne und FDP in Thüringen hatten für eine hohe Wahlbeteiligung und die Unterstützung des CDU-Bewerbers geworben. Die Wahlbeteiligung lag nun bei 59,6 Prozent - im ersten Durchgang vor zwei Wochen waren es 49,1 Prozent. Der Landkreis im Thüringer Wald mit 57.000 Einwohnern und rund 48.000 Wahlberechtigten ist einer der kleinsten in Deutschland.

Sesselmann und die AfD bestritten den Wahlkampf vor allem mit Bundesthemen wie dem umstrittenen Heizungsgesetz, der hohen Inflation oder gestiegenen Flüchtlingszahlen. In der Region, die ländlich und konservativ geprägt ist, war darum von einer Abstimmung über die Bundespolitik die Rede, mit der derzeit viele Menschen unzufrieden seien.

AfD-Vertreter wie Thüringens Co-Landessprecher Stefan Möller gaben der Wahl eine hohe Bedeutung. Ihnen ging es um den Nachweis der Wählbarkeit und eine Art Präzedenzfall, dass die AfD politisch Verantwortung übernehmen kann. Nach einer repräsentativen Civey-Umfrage für den TV-Sender Welt sind 52 Prozent der Deutschen beunruhigt von der Vorstellung eines AfD-Landrats.

Sesselmann ist 50 Jahre alt, Rechtsanwalt und derzeit AfD-Landtagsabgeordneter in Erfurt. Er stammt aus der Stadt Sonneberg. Als Chef der Kreisverwaltung muss er künftig vor allem Beschlüsse des Kreistages, aber auch von Landtag und Bundestag umsetzen. Außerdem kann er regionale Fragen klären wie die Kita-Betreuung oder die Sanierung von Gebäuden und Straßen.

Quelle: dpa

  • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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    1 year ago

    Liegt vielleicht daran, dass die Wähler der AfD erst zufrieden sind, wenn die FDGO abgeschafft ist, Minderheiten wieder verfolgt werden und demokratische Institutionen zerstört sind.

    Demokratie und Freiheit sind keine Selbstläufer und viele Menschen erkennen deren Wert erst, wenn wieder alles in Schutt und Asche ist.

    Wir können aber nicht alle 50 Jahre die internationale Ordnung zerstören, Menschenrechte abschaffen und so lange weitereskalieren, bis im darauffolgenden Krieg genug Blut geflossen ist, damit wieder für eine Generation Ruhe ist.

    Alles was wir an Errungenschaften als Konsequenz aus den Weltkriegen gezogen haben, Menschenrechte, UN, EU, parlamentarische Demokratie, usw. wird von der AfD in Frage gestellt. Und wir sehen, dass es nur eine Richtung gibt, immer extremer, immer radikaler, immer weiter von Fakten und Rationalität weg.

    • Eisbef@feddit.de
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      1 year ago

      Ich würde noch ergänzen: Demokratie ist kein Zustand, sondern ein ewiger Prozess.

      • Guildo@feddit.de
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        1 year ago

        Hört sich an wie: “Wir haben das beste System jemals und für immer.” - was wohl auch die Römer zu ihrem politischen System gesagt haben.

    • rhabarba@feddit.de
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      1 year ago

      Liegt vielleicht daran, dass die Wähler der AfD erst zufrieden sind, wenn die FDGO abgeschafft ist, Minderheiten wieder verfolgt werden und demokratische Institutionen zerstört sind.

      Das scheint mir etwas zu simpel gedacht. Eine Abschaffung der FDGO (“die FDGO” gibt es so ja nicht) würde der AfD mehr schaden als nützen. Aber eine Zerstörung der demokratischen Institution Europäische Union - zum Beispiel - würde der Demokratie tatsächlich nützen, denn das Europäische Parlament ist derzeit im Wesentlichen ein zahnloser Tiger, der nur Lobbyinteressen durchzusinken vermag, die die Europäische Kommission für richtig hält. (Das ist übrigens keine AfD-Idee, die Linken waren damit deutlich früher dran.)

      Demokratie und Freiheit sind keine Selbstläufer und viele Menschen erkennen deren Wert erst, wenn wieder alles in Schutt und Asche ist.

      Das stimmt, aber Freiheit ist immer die Freiheit der Anderen (ähnlich zitiert: Rosa Luxemburg). Man kann nicht argumentieren: die da haben ein blödes Freiheitsverständnis, denen da müssen wir die demokratischen Möglichkeiten wegnehmen. So funktioniert Demokratie nicht.

      Wir können aber nicht alle 50 Jahre die internationale Ordnung zerstören, Menschenrechte abschaffen und so lange weitereskalieren, bis im darauffolgenden Krieg genug Blut geflossen ist, damit wieder für eine Generation Ruhe ist.

      Nun, die Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet haben Rot-Gelb-Grün zu verantworten, nicht die AfD. Wann da wohl Ruhe ist? Oder ist dir das zu weit weg? Allerdings kann ich dir hierbei nicht sehr widersprechen - die AfD hat das gleiche außenpolitische Programm wie die CDU, Abrüstung wäre mit ihr niemals zu machen.

      Alles was wir an Errungenschaften als Konsequenz aus den Weltkriegen gezogen haben, Menschenrechte, UN, EU, parlamentarische Demokratie, usw. wird von der AfD in Frage gestellt.

      Noch mal: da ist die AfD nicht die allererste Partei, vieles davon hat sie von “den Linken” übernommen. Dieses Gut-Böse-Denken ist in einer Viele-Parteien-Demokratie mit langer politischer Geschichte zu einfach gedacht. Die erste Partei, die nach 1990 die parlamentarische Demokratie begründet in Frage gestellt hat, ist meines Wissens übrigens die Piratenpartei. “Es ist da” ist nicht immer dasselbe wie “es ist gut”. Oder?

      • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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        1 year ago

        Die EU ist zu vordererst eine Institution internationaler Governance, die genauso wie die UN ein wichtiger Baustein ist, um Konflikte diplomatisch zu lösen, bevor man zum Krieg eskaliert. Die Kritik der Linken an der EU ist auch nicht, dass die EU grundsätzlich falsch ist, sondern deren Ausgestaltung. Das ist bei der AfD anders. Dort wird die EU an sich als falsch angesehen.

        Dort wo Menschen anderen Menschen ihre Rechte wegnehmen wollen, muss man ihnen diese “Freiheit” nicht gewähren. Das ist auch widersprüchlich zu der Aussage Luxemburgs. Intoleranz kann und muss nicht toleriert werden.

        Waffenlieferungen an die Ukraine dienen dazu, den russischen Angriff als Bruch der internationalen ordnung abzuwehren und diese Ordnung aufrechtzuerhalten. Das dabei mehr russische Soldaten sterben, bedeutet nicht, das insgesamt mehr Menschen sterben. Angesichts der Rhetorik und den Kriegsverbrechen Russlands würde sonst vermutlich deutlich mehr Menschen sterben. Schließlich wäre ein erfolgreicher russischer Angriffskrieg ein klares Signal, dass Gewalt im 21. Jahrhundert noch immer der beste Weg ist, um seine Ziele zu erreichen.

        Und schließlich geht es der AfD eben nicht um Reformen und Weiterentwicklung von Institutionen, die natürlich notwendig ist. Es geht ihr darum, diese Institutionen abzuschaffen, und durch autoritäre Institutionen zu ersetzen, die Menschenrechte und -würde nicht mehr anerkennen.

        • rhabarba@feddit.de
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          1 year ago

          Die Kritik der Linken an der EU ist auch nicht, dass die EU grundsätzlich falsch ist, sondern deren Ausgestaltung. Das ist bei der AfD anders. Dort wird die EU an sich als falsch angesehen.

          Ich habe den AfD-Antrag jetzt nicht selbst gelesen (das Leben ist zu kurz für derlei), aber die Zusammenfassung in den Nachrichten klingt doch gar nicht anders? “Die EU habe sich ‘zu einem undemokratischen Konstrukt entwickelt’, das immer mehr Gewalt an sich ziehe und von einer ‘intransparenten, nicht kontrollierten Bürokratie regiert’ werde.”

          Dort wo Menschen anderen Menschen ihre Rechte wegnehmen wollen, muss man ihnen diese “Freiheit” nicht gewähren.

          Ich spiele jetzt mal Avocado Diabolo oder so: Genau das denken AfD-Wähler auch über die anderen Parteien - die wollen was wegnehmen. Wer hat nun Recht?

          Schließlich wäre ein erfolgreicher russischer Angriffskrieg ein klares Signal, dass Gewalt im 21. Jahrhundert noch immer der beste Weg ist, um seine Ziele zu erreichen.

          Na ja, das Liefern schwerer Waffen zum Zweck des “Sieges der Ukraine” (ganz toller Sieg, finden die Einwohner der betroffenen Gebiete bestimmt auch) scheint das letztlich zu bestätigen. Aber dieses Thema ist möglicherweise zu komplex für diesen Strang, lass uns das hier nicht weiterführen.

          Es geht ihr darum, diese Institutionen abzuschaffen, und durch autoritäre Institutionen zu ersetzen, die Menschenrechte und -würde nicht mehr anerkennen.

          Das habe ich tatsächlich noch nicht gelesen. Quelle?

      • vestingz@lemmy.ml
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        1 year ago

        Wir können aber nicht alle 50 Jahre die internationale Ordnung zerstören, Menschenrechte abschaffen und so lange weitereskalieren, bis im darauffolgenden Krieg genug Blut geflossen ist, damit wieder für eine Generation Ruhe ist.

        Nun, die Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet haben Rot-Gelb-Grün zu verantworten, nicht die AfD. Wann da wohl Ruhe ist?

        Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

        • rhabarba@feddit.de
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          1 year ago

          Im von mir zitierten Beitrag wurde geunkt, Erfolge der AfD führten zu Krieg. (Zwischen wem? Um was?) Derzeit wird auf der Welt jede Menge Blut vergossen, an nichts davon trägt die AfD eine Schuld. Darauf wollte ich lediglich hinweisen.

          Ich würde zumindest nahelegen wollen, bei der Diskussion darüber, wie man die AfD wieder auf ein normales Niveau hinabbekommt, nicht direkt in die übelsten Prophezeiungen zu missfallen - bleiben wir doch beim Fassbaren.

          • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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            1 year ago

            Ist es denn schwer fassbar, dass es ohne EU eine deutlich höhere Kriegsgefahr in Europa gibt? ist es denn schwer fassbar, dass eine Partei, die den Klimawandel leugnet und Menschen das Recht auf Asyl abspricht, und darüber “Witze” macht Frauen und Kinder zu erschießen, genau das tun wird, wenn sie die Möglichkeit dazu hat?

            • rhabarba@feddit.de
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              1 year ago

              Ist es denn schwer fassbar, dass es ohne EU eine deutlich höhere Kriegsgefahr in Europa gibt?

              Mit wem haben die Nicht-EU-Staaten um uns herum - etwa die Schweiz - denn gerade Krieg? - Prognosen sind schwierig, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Soll heißen: Es könnte mehr oder weniger Krieg in Europa geben, wenn es die EU nicht gäbe. Da ist mir aber zu viel Konjunktiv drin.

              ist es denn schwer fassbar, dass eine Partei, die den Klimawandel leugnet und Menschen das Recht auf Asyl abspricht, und darüber “Witze” macht Frauen und Kinder zu erschießen, genau das tun wird, wenn sie die Möglichkeit dazu hat?

              Ich sag’s mal so: Frontex (das Unternehmen, das im Mittelmeer dafür sorgt, dass Flüchtlinge ertrinken) wurde nicht von der AfD gegründet und beauftragt. Ich bin ja ganz bei dir, dass Menschenrechte gerade dringend Hilfe nötig haben, aber sollte man da nicht bei den Parteien anfangen, die sie jetzt gerade aktiv missachten, statt bei denen, die sie vielleicht in der Zukunft auch missachten könnten?

              • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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                1 year ago

                Die Ausrichtung von Frontex ist nicht gottgegeben, sondern das Resultat der rechten Asylpolitik in den EU Mitgliedsstaaten. Die Asylpolitik, die die AfD noch wesentlich drastischer gestalten will. Die Asylpolitik, wo sich FDP, CSU und CDU motiviert fühlen, der AfD im vorauseilenden Gehorsam entgegenzukommen, weil sie sich davon eine Wählerrückwanderung erhoffen (die nicht passiert.). Die AfD heizt mit ihrer Hetze die “Nachfrage” nach so einer Politik an, und ist damit auch mitverantwortlich für Frontex. Aber selbst wenn sie es nicht wäre, ist es angesichts der politischen Positionen klar erkennbar, dass Frontext nicht besser würde, wenn die AfD Regierungsmacht erhält.

                • rhabarba@feddit.de
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                  1 year ago

                  Das ist richtig, dem widerspreche ich ja auch gar nicht, aber dann sollte man doch zuerst einmal die EVP (die in der EU diesen rechten Mist zu verantworten hat) in die Pflicht nehmen und nicht die AfD, oder?